St. Josef der Arbeiter Waldram
Die Pfarrgemeinde St. Josef der Arbeiter entstand Mitte der 50er Jahre im Zuge der Verlegung des erzbischöflichen Spätberufenenseminars in den Wolfratshauser Ortsteil Waldram zunächst als Pfarrkuratie. 1956 wurde als Kirche ein schlichtes Gotteshaus auf dem Seminargelände aus dem ehemaligen Speisesaal des Arbeiterlagers Föhrenwald umgestaltet. Aus der Pfarrkuratie wurde 1965 eine eigenständige Pfarrgemeinde. Ein Neubau der Kirche wurde - ausgelöst durch einen Umbau des Seminars - in den 90er Jahren beschlossen und als moderner Kirchenbau an der Steinstraße verwirklicht. 1998 wurde die neue Pfarrkirche in Waldram eingeweiht.
In der Pfarrei St. Josef der Arbeiter leben heute ca. 1.500 Katholiken. Die Seelsorger, hauptamtlich Beschäftigte und viele Ehrenamtlich in verschiedenen Gremien und Gruppierungen gestalten das Leben der Pfarrgemeinde. Für den Kindergarten St. Josef der Arbeiter übt die Pfarrei die Trägerschaft aus.
Geschichte
Die Kirche, das Haus des Herrn, hat uns in WALDRAM in besonderer Weise durch die Zeit begleitet. Sie stand uns zur Seite in schweren und in schönen Stunden. Sie gab uns Trost und Hoffnung und Zuversicht. Sie wird uns weiter zur Seite stehen, hoch aufgerichtet zum Himmel der Turm, schützend ihr Dach über uns.
In der Zeit, als hier von 1940 bis 1945 das "Arbeiterlager Föhrenwald" bestand, gab es am Ort keine Kirche. Die Nazis ließen so etwas nicht zu. Nach dem Krieg wurde das Arbeiterlager in ein "Lager für heimatlose Ausländer" (1945-1955) umgewandelt, in dem überwiegend vertriebene Juden aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und befreite KZ-Häftlinge aus den aufgelassenen Konzentrationslagern in Deutschland zusammengefasst wurden.
Die Juden richteten im heutigen Seminar eine Synagoge ein. Im Herbst 1955 wurde die Siedlung Föhrenwald von der Erzdiözese München und Freising käuflich erworben, zuständig für den Ausbau des Lagers in eine Wohnsiedlung war das Katholische Siedlungswerk. Am 07. November 1957 erhielt das Lager Föhrenwald den Namen WALDRAM.
Bevor in Waldram die katholische Kirche und Gemeinde St. Josef der Arbeiter entstand, hatte das katholische Pfarramt in Wolfratshausen die Vorstellung, dass neben der Wolfratshauser Pfarrkirche "St. Andreas" eine zweite Kirche und Pfarrgemeinde aufgrund der Entwicklung der Ortsteile Farchet und Waldram entstehen müsste. Die Kirche sollte nicht in Waldram, sondern in Farchet gebaut werden. Pfarrer Josef Auer von Wolfratshausen sah zunächst vor, in Waldram sonntäglich einen Gottesdienst abzuhalten, vielleicht in einem Schulraum. Die Siedler aber wollten nicht warten, bis die Entscheidung über den Standort der neuen Kirche gefallen war. Zusammen mit dem Verwaltungsleiter Alois Engelhard bauten sie im Dachgeschoß des Hauses Nr. 8 in der heutigen Thomastraße ein großes Zimmer zu einem schlichten Kirchenraum um. Dieser Raum wurde für die Siedler die "Notkirche" in Waldram.
Der Altaraufbau wurde mit 4 Holzleuchtern umgeben, die Rückwand hinter dem Altaraufbau mit 5 roten Tüchern bespannt. Das barocke Altarkreuz, die Altarwäsche, das Messpult, der Teppich vor den Altarstufen, die Altarglöckchen und die Messkännchen gehörten der Pfarrei St. Andreas, Wolfratshausen. 81 Gläubige waren anwesend, als H.H. Pfarrer Josef Auer die erste hl. Messe in dem festlich geschmückten Zimmer zelebrierte.
Eine Woche später wurde im Dacherker des Hauses ein kleines Glöcklein angebracht. Das damalige Kirchenglöcklein ist heute noch als Totenglocke im Waldramer Friedhof zu hören.
Die junge Gemeinde vergrößerte sich rasch. Waren es Ende Mai 1956 erst 86, so zählte man am 31. Juli 1956 bereits 222 Katholiken, denn der Ort Waldram wuchs rasch an.
Die Nachricht von der Möglichkeit, hier preisgünstig ein Einfamilienhaus zu erwerben, verbreitete sich im nahen und weiteren Umkreis sehr schnell. Bereits im Herbst 1955 lagen dem Katholischen Siedlungswerk 280 Bewerbungen aus dem Landkreis Wolfratshausen vor, wenig später sind es mehr als 400 Bewerber aus Deutschland und sogar aus Österreich. Die ersten Siedler bezogen ihr neues Heim im April 1956. Bald waren die 302 Wohneinheiten der Siedlung belegt. Waldram hatte bis Juli 1960 dann 1502 Einwohner.
Das Ordinariat der Erzdiözese München und Freising beauftragte mit Wirkung vom 1. Oktober 1956 H.H. Andreas Gruber, Direktor des Spätberufenenseminars in Fürstenried mit der Seelsorge in Waldram und erteilte ihm hierzu die notwendigen Vollmachten eines Vicarius Substitutus. Unterstützt wurde H.H. Gruber von dem Katecheten Lorenz Bück und später von Kaplan Franz Niegel.
Mittlerweile entschied sich das Ordinariat für eine Kirche in Waldram, nicht zuletzt deshalb, weil das Spätberufenenseminar in Fürstenried nach Waldram verlegt wurde. Als Kirchenraum wurde der ehemalige Speisesaal der Munitionsarbeiterinnen, der in der Zeit des Judenlagers Synagoge war, unter der Leitung der Bauräte Frank und Berchtold in ein schlichtes Gotteshaus umgestaltet.
Am 18. November 1956 erfolgte die Benediktion (Segnung, Weihe) durch H.H. Prälat Anton Maier. Die bischöfliche Weihe (Konsekration) fand allerdings erst ein Jahr später statt.
Die Pfarrkirche von Waldram wurde dem Hl. Josef dem Arbeiter gewidmet. Noch war die Gemeinde "St. Josef der Arbeiter" eine unselbständige Kuratie. Aber die Pfarrgemeinde lebte bereits. Im Mai 1957 empfingen in der neuen Kirche 16 Buben und 20 Mädchen die erste hl. Kommunion. Ende Juli 1957 wurde H.H. Andreas Gruber offiziell in der Gemeinde Waldram eingeführt.
Am 14. September 1957 empfing die Kirche ihre Kirchenglocken. Am Tag darauf wurden sie in einem festlichen Gottesdienst von Generalvikar Prälat Dr. Fuchs feierlich geweiht.
Als die Pfarrkuratie etwas über zwei Jahre alt war, wurden dem ersten Seelsorger und Direktor des Spätberufenenseminars St. Matthias, H.H. Andreas Gruber, eine andere Aufgabe übertragen.
Sein Nachfolger wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1959 Pfarrkurat Helmut Rogger. Es dauerte über sieben Jahre, bis die Pfarrkuratie St. Josef der Arbeiter zur selbständigen Pfarrei, und ihr Seelsorger Rogger zum Pfarrer ernannt wurde. Mit Wirkung vom 1. Januar 1965 wurde die Pfarrkuratie zur Pfarrei St. Josef der Arbeiter, die Kirche zur Pfarrkirche erhoben.
Pfarrer Rogger, ein einfühlsamer Prediger, verstarb viel zu früh am 23. März 1988 im Alter von 65 Jahren.
St. Josef der Arbeiter gehörte seinerzeit zu den kinderreichsten Pfarreien der Bundesrepublik. Dem wurde man schließlich durch die Errichtung eines eigenen Pfarrkindergartens am 7. Januar 1967 gerecht, der noch in der umgebauten ehemaligen Ambulanz des Lagers Föhrenwald untergebracht war.
Zur Veranstaltung der Erwachsenenbildung oder Jugendarbeit nutzte die Pfarrei bis 1973 noch geeignete Räume des Seminars. Danach änderte sich dessen pastorales Konzept und es ergab sich die Notwendigkeit ein eigenes Pfarrheim zu errichten. Mit der Planung und Errichtung eines Pfarrheims wurde ein Anfang für ein neues Pfarrzentrum an der Steinstraße gesetzt. Das neue Pfarrheim wurde am 15. Dezember 1979 von Regionalbischof Schwarzenböck eingeweiht.
Herr Hans Gremler wurde am 13. Dezember 1981 als erster ständiger Diakon in Waldram eingeführt. Seine Tätigkeit in Waldram endete am 31. Dezember 1990.
Am 1. Oktober 1988 übernahm Pfarrer Josef Schinagl die Seelsorge in der Pfarrei St. Josef der Arbeiter.
Aber schon nach fünf Jahren verließ er wieder unsere Pfarrei.
Bereits zur Zeit des Pfarrers Rogger gab es seitens des Ordinariats Überlegungen, der Pfarrei eine neue Kirche zu bauen - Hintergrund war, das Seminar baulich zu modernisieren und auszubauen. Den Plänen des Ordinariats stand der bestehende Kirchenbau entgegen und so bot das Ordinariat der Pfarrgemeinde an, ihr eine eigene Kirche zu bauen - bisher war unserer Kirche "Gast" des Seminars. Einerseits regte sich in Waldram Widerstand gegen diese Pläne, andererseits wurde eine eigene Kirche für die Pfarrei von vielen Waldramern begrüßt. Am 1. Oktober 1990 beschloss die Kirchenverwaltung mehrheitlich den Bau eines "Pfarrzentrums mit Pfarrkirche, Pfarrhaus und Kindergarten", der Pfarrgemeinderat stimmte dieser Entscheidung zu. Die Bauarbeiten begannen im Sommer 1998, am 12. Juli 1988 wurde die neue Pfarrkirche "St. Josef der Arbeiter" feierlich eingeweiht.
Der Neubau des Kindergartens, 1999 begonnen und am 14. Oktober 2000 eingeweiht, vervollständigte schließlich das Pfarrzentrum an der Steinstraße.
Vom 1. September 1993 bis August 2013 leitete Pfarrer Elmar Heß zwanzig Jahre lang die Pfarrei St. Josef der Arbeiter.
Am 28. Juli 2013 wurde er feierlich von der Gemeinde verabschiedet und verbringt seinen wohlverdienten Ruhestand.
Seit September 2013 bildet die Pfarrei St. Josef der Arbeiter gemeinsam mit der Pfarrei St. Andreas die Stadtkirche Wolfratshausen. Der Zusammenschluss der Pfarreien St. Josef der Arbeiter Waldram und St. Andreas Wolfratshausen mit den Filialen St. Benedikt Gelting, St. Johannes der Täufer Dorfen und St. Nantovinus Nantwein zum Pfarrverband erfolgte im Januar 2016.
Die Stadtkirche Wolfratshausen wird von Pfarrer Gerhard Beham geleitet.
(Text: Eugen Steppan u.a., Fotos: Hans Buder u.a.)
Brauchtum
Bereits in der Anfangszeit unserer Pfarrei gab es verheißungsvolle Ansätze für ein am Kirchenjahr orientiertes Brauchtum, bzw. für Manifestationen der Volksfrömmigkeit. Zu letzteren ist die erste Lichterprozession im Oktober 1956 zu zählen, an der sich nahezu alle Siedler beteiligten. Ihr Eindruck war derart überwältigend, dass sie im Laufe des Monats mehrmals wiederholt wurde. Solche "inflationäre Häufung" vertrug diese Glaubenskundgebung offenbar nicht, weshalb man in den folgenden Jahren darauf verzichtete. Erst in letzter Zeit lebte dieser Brauch wieder auf und hat Chancen, sich einzubürgern.
Ebenfalls 1956 versammelten sich zahlreiche Siedler mit ihren Kindern am Spätnachmittag des Heiligen Abends um einen zwischen Dekan-Weiß-Straße und Kirche aufgestellten Weihnachtsbaum, unter dem Schulkinder die Herbergsuche sangen und spielten. Sie gestalteten auch die Vormette kurz vor Mittemacht in der Kirche, bis später der Kirchenchor diese Aufgabe übernahm. 1959 fand in der Aula des Seminars ein erstes Adventssingen statt, das später von Franz Mayrhofer jr. aufgegriffen und zur regelmäßigen Einrichtung wurde. Da die Inhalte weitgehend mit denen der Vormette identisch waren, verzichtete man schließlich auf letztere. Siedlerweihnacht und Vormette wurden gleichsam vereinigt und haben bis heute als Kindermette einen festen Platz in der Gemeinde.
Im Advent 1957 führte der damalige Pfarrkurat Andreas Gruber erstmals ein Frauentragen durch. Der Brauch schien mit der Versetzung des Geistlichen erloschen zu sein, wurde aber von Pfarrer Elmar Heß wieder aufgenommen und erlebt eine neue Blüte.
Träger der frühen Adventsingen war die Brauchtumsgruppe der DJK WALDRAM, heute werden sie fast ausschließlich von Mitgliedern der Familien Brustmann und Mayrhofer gestaltet. Die Brauchtumsgruppe hat sich inzwischen dem ländlichen Volkstheater verschrieben und erfreut alljährlich zahlreiche Zuschauer in hintergründig humorvoller Weise. In der Woche vor Dreikönig 1957 gingen bei uns die drei Weisen von Haus zu Haus und sangen zugunsten der damals äußerst spärlich ausgestatteten Volksschule. Dieser Brauch besteht heute noch, hat sich allerdings inzwischen der alljährlich stattfindenden Sternsingeraktion aller deutschen Diözesen angeschlossen.
Entsprechend dem heimatlichen Brauch vieler Siedler zogen im gleichen Jahr von Gründonnerstag bis Karsamstag die Ratschenbuben durch Waldram. Ihr hölzerner Lärm ersetzte die verstummten Kirchenglocken.
Dieser Brauch wurde eingestellt, als die Liturgiereform den Gründonnerstagsgottesdienst auf den Abend und die Feier der Auferstehung auf den Ostersonntagmorgen verlegte.
1958 wurde in Waldram der erste Maibaum aufgestellt. Inzwischen grüßt der neunte Nachfolger dieses Zeichens der Verbundenheit mit dem bayerischen Oberland die Waldramer und ihre Gäste. In der Anfangszeit unserer Pfarrei waren auch Bittgänge üblich, an denen sich neben den Schulkindern zahlreiche Gläubige beteiligten. Der damals noch geringe Verkehr ließ Prozessionen bis Degerndorf und Puppling zu. Diese Tradition wird vom Seminar weitergeführt, wobei auch die Pfarrangehörigen zur Teilnahme eingeladen sind.
Die Fronleichnamsprozession war lange ein nach außen sichtbarer Höhepunkt des Kirchenjahres, eine gemeinsame Glaubensdemonstration von Gemeinde und Seminar, bei deren Gestaltung die verschiedenen Gruppen wetteiferten. Die Verlängerung der Pfingstferien hat hier zu einer Verarmung geführt. Trotzdem halten zahlreiche Waldramer an diesem Akt der Bekundung ihres Glaubens fest und begleiten freudig ihren im Brot verborgenen Herrn durch die Straßen.
Gemeinschaftsveranstaltungen förderten anfänglich das Zusammenwachsen. Pfarrkurat Gruber veranstaltete allmonatlich einen gut besuchten Pfarrfamilienabend, dessen geselliger Aspekt in den heutigen Pfarrfesten weiterlebt, der aber auch allen Ansprüchen der Erwachsenenbildung genügte. Diese wird heute vom Pfarrgemeinderat in Zusammenarbeit mit dem Kreisbildungswerk organisiert. Erwachsenenbildung wurde zunächst auch innerhalb privater Zirkel betrieben, z.B. im Hause des Theologen Otto Betz. Als Weiterführung kann das Waldramer Forum, aber auch das Bibelteilen bezeichnet werden.
Zur Gemeinschaftsbildung trugen nicht zuletzt die von der Volksschule veranstalteten Hausmusikabende bei, in denen auf das Mittun aller Anwesenden Wert gelegt wurde. Sie fanden eine Art Fortsetzung in den Konzerten der Waldramer Jugendchöre, nach ihrem Gründer und Leiter auch Sesto-Chöre genannt. Sie bringen sich u.a. in die Meßgestaltung mit ein und genießen weitum einen guten Ruf.
Daneben sind einige Familiengruppen zu nennen, die das Gemeindeleben bereichern. Da bietet die Familie Baumgartl eine Fülle vokaler und instrumentaler Besetzungen, da ist die Familie Mayrhofer, deren musikalische Möglichkeiten mit den heranwachsenden Kindern stetig zunehmen, die aber auch familienliturgische Initiativen anbietet, und es gibt eine Familie Peter, von den Wohnsitzen her inzwischen etwas verstreut, durch die Musik aber immer wieder vereint und im Dienste der Gemeinde stehend. Es kann unmöglich alles angeführt werden, was an Aktivitäten vorhanden ist. Die Vielfalt zeigt jedenfalls, dass es an uns liegt, ob wir nur passive Konsumenten oder aktiv Gestaltende sind. Waldram muss nicht nur Schlafstadt sein. Jeder kann irgendwo mittun oder gar neue Ideen einbringen.
(Text: Rudolf Baumgartl, Fotos: Hans Buder)
Kirchenneubau
Bereits in der Amtszeit von Pfarrer Helmut Rogger gab es seitens des Ordinariats Überlegungen in Waldram eine neue Kirche zu bauen. Hintergrund war, das Spätberufenenseminar St. Matthias insgesamt zu modernisieren und zukunftsorientiert um- und auszubauen. Nach den Vorstellungen des Ordinariats sollte der Raum der bisherigen Kirche, der zum Stiftungsbesitz des Seminars gehört, für diese Um- und Ausbaumaßnahmen zur Verfügung stehen. Seit 1957 diente die Kirche dem Spätberufenenseminar und der Gemeinde als gemeinsames Gotteshaus. 1984 erhielt das Seminar durch den Umbau seiner Aula eine eigene Seminarkirche.
Schön früh regte sich in Waldram Widerstand gegen den Bau einer neuen Pfarrkirche. Man wollte die einfache und schlichte Kirche behalten, die gerade den ersten Siedlern Waldrams viel bedeutete. Am 1. Oktober 1990 stimmte die Kirchenverwaltung unter Pfarrer Josef Schinagl mit Einverständnis des Pfarrgemeinderats und der Mehrzahl der in einer Versammlung befragten Gemeindemitglieder dem Bau eines Pfarrzentrums mit Pfarrkirche, Pfarrhaus und Kindergarten zu. Nach über vier Jahrzehnten bekam unsere Pfarrgemeinde ein eigenes Gotteshaus.
Schon in den siebziger Jahren wurde nach Plänen des Architekten Prof. Wiedemann im östlichen Grundstücksteil an der Steinstraße das Pfarrheim und das Mesnerhaus gebaut. Am. 11. Juni 1996 nahm Pfarrer Elmar Heß den ersten Spatenstich für die neue Kirche vor.
Nach langer Vorbereitungszeit, in der die Pfarrgemeinde immer wieder in Informationsveranstaltungen zum Stand der Planungen gehört wurde und von den Entscheidungen unterrichtet wurde, erfolgte am 12. Oktober 1996 die feierliche Grundsteinlegung für den Neubau der Kirche. Regionalbischof Franz Xaver Schwarzenböck nahm zusammen mit Pfarrer Elmar Heß die Zeremonie vor.
Die Bauarbeiten begannen nun im vollen Umfang. Der Kirchenraum wurde vom Architekturbüro Claus und Forster als quadratischer Zentralraum konzipiert, mit Werktagskapelle, Sakristei, Beichtraum und Nutzräumen an der Westseite.
Vierzehn kleine Fenster durchbrechen die Westwand der Werktagskapelle. In ihnen wird später vom Grafinger Künstler Robert Weber, dem die künstlerische Ausgestaltung der Kirche übertragen wurde, aus Glastafeln der Kreuzweg in abstrakten Farbkompositionen und Ausdrucksformen dargestellt.
Im Frühjahr 1997 werden die Dachkonstruktion als Sattel- und Pultdächer über den verschiedenen Bauteilen zusammengebaut und montiert.
Oktogonal angeordnete Holzsäulen tragen im Inneren des Kirchenraumes – losgelöst von den massiven Umfassungswänden – das Dachtragwerk. Bald wird sich das architektonisch gelungene Dach wie ein schützendes Zelt über der Kirche erheben.
Als komme sie vom blauen Himmel herab, senkt sich die vom Künstler Robert Weber in grauem Beton gegossene Apsis am 27. April 1997 am langen Arm des Baukrans zur Erde.
Behutsam, Zentimeter für Zentimeter, nähert sich die Apsis ihrem Bestimmungsort. Schutzmaßnahmen sollen eine Beschädigung verhindern. Bald steht sie frei und losgelöst von den Mauern des Kirchenraumes fest im Boden. Dennoch wirkt sie als Abschluss des Altarraums mit ihm verbunden und bildet mit ihm eine Einheit.
Der Turm der neuen Kirche wächst. Frei als eigener Bauteil wird er als Zeichen dieser Kirche stehen, mit der er jedoch durch eine weiße Mauer verbunden sein wird.
Noch umgeben Gerüste den Turm. Bald wird er sich befreit erheben und – zum Himmel weisend – weithin ein Wahrzeichen für Waldram werden.
Zu den seit 1957 vorhandenen drei Glocken, die dem Hl. Matthias, der Hl. Muttergottes von Lourdes und dem Hl. Josef dem Arbeiter geweiht sind, kam als vierte und größte Glocke die Hedwig-Glocke dazu. Die Hl. Hedwig stammt aus dem Geschlecht der einst auch in Wolfratshausen residierenden Grafen von Andechs und war Herzogin in Schlesien. Am 1. Mai 1997 wurde die Glocke von Ordinariatsrat Dr. Wolfgang Schwab geweiht. Zusammen mit den anderen Glocken der Pfarrei St. Josef der Arbeiter wird sie uns begleiten auf unserem Lebensweg.
Am 12. Juli 1998 wurde die Kirche St. Josef der Arbeiter unter reger Anteilnahme der Gemeinde von Erzbischof Friedrich Kardinal Wetter feierlich geweiht.
(Fotos: Hans Buder)
Architektur
Mit dem Neubau der Kirche, dem wichtigsten Baustein eines Pfarrzentrums, erhält die in den dreißiger Jahren gegründete Siedlung Waldram eine städtebauliche Mitte in der vorwiegend aus Reihen- und Einfamilienhäusern geprägten Struktur.
Bereits in den siebziger Jahren wurde mit der Errichtung des Pfarrheimes und der Hausmeisterwohnung, entworfen von Prof. Wiedemann, ein Anfang im östlichen Grundstücksteil an der Steinstraße gesetzt. Der Standort für Kirche und Kindergarten war damals ebenfalls in der abseitigen Lage geplant. Die Ausrichtung des Pfarrzentrums unmittelbar zur Steinstraße hin erschien uns jedoch notwendig, um eine Ortsmitte zu schaffen, die durch den weithin sichtbaren Turm auf sich aufmerksam macht.
Die drei Baukörper: Pfarrhaus, Kirche und Turm umschließen einen fast quadratischen Platz, der als Ort der Gemeinschaft und Begegnung für die Waldramer Bürger Bedeutung finden könnte.
Die Bauformen sind stereometrisch einfache Körper mit Sattel- und Pultdächern. Lediglich seiner Bedeutung entsprechend erhält der als quadratischer Zentralraum konzipierte Kirchenraum eine logisch entwickelte Sonderform: Acht oktogonal gestellte Holzstützen tragen von der massiven Umfassungswand losgelöst ein auskragendes schwebend erscheinendes Dachtragwerk aus Holz.
Gestalterisch wird immer wieder Bezug genommen auf die örtliche Bautradition, die Eigenart und das Typische der Umgebung. Gesucht wird nach einer Analogie zu Material, Form, Maßstab, um daraus eine zeitgemäße Interpretation zu finden. Die verputzten Lochfassaden mit gegliederten Holzfenstern, die knappen Traufen und Ortgänge, die steile Dachneigung beim Pfarrhaus, sind Anleihen beim Typus des Waldramer Siedlungsbaues und bezeugen eine gewisse Behäbigkeit, die beim Neubau durch disziplinierte Detail-Ausbildung verfeinert wird.
Im Gegensatz dazu steht der Baukörper der Kirche, der Leichtigkeit vermittelt, mit der skelettartigen Holzkonstruktion, den weit auskragenden Vordächern, den durch horizontalen Glasbändern getrennten Wand- und Dachflächen, den großflächigen Verglasungen der Eingangshalle.
Er grenzt sich entsprechend seiner Nutzung vom Typ des Wohnhauses ab, doch durch Proportionen und Maßstäblichkeit im Detail wird der Zusammenhang zur Gesamtanlage nicht verloren.
Die unter die Tragkonstruktion gestellten geputzten Massivwände mit den gegliederten Fensterflächen sind Symbol für die introvertierte Nutzung: sei es der sakrale Raum oder die Sakristei als Vorbereitungsbereich.
Glas mit Transparenz steht für Offenheit in der Eingangshalle als Übergangszone zwischen profanem und sakralem Ort.
Die schon mehrmals diskutierte Abweichung von der ortsüblichen Ziegeldeckung durch Blechdächer ist bewusst eingesetzt. Damit wird das Pfarrzentrum gestalterisch zur Einheit und zugleich der andersartigen Nutzung Ausdruck verliehen.
Auch im Innenbereich selbst wird die Wahl des Materials, sein variierter Einsatz, Informant über Bedeutung und Inhalt.
Im sakralen Bereich des Kirchenraumes findet eine reduzierte archaische Architektursprache Anwendung, um dem Raum Ruhe zu geben und die Ablenkung vom Wesentlichen zu vermeiden.
Wände und Böden sind mit groben handgeschlagenen Sichtziegeln verkleidet oder belegt. Im Gegensatz dazu steht die edle Verwendung von Stahl und Naturstein bei Altar und Ambo und die künstlerisch gestalteten Gläser der Wandschlitze, die in präziser Einfachheit und Disziplin im Detail ausgeführt sind. Durch das in seiner Geometrie parabelförmig angeordnete Gestühl um die liturgische Mitte der Altarinsel wird die gemeinschaftsbildende Idee konkretisiert. Die aus Holz und Stahl konstruierte Orgel- und Sängerempore, in ihrer Form und Proportion einem eingestellten Möbel gleichend, definiert räumlich die Vor- bzw. Ausgangszone vom profanen zum sakralen Bereich.
Vertikale, verglaste Mauerschlitze leiten visuell zur Werktagskapelle über, die in ihrer Gestaltung, Materialwahl und Farbigkeit, (weiß geputzte Wandflächen, Decken und Fußböden aus Holz), eine eher kontrastierende Haltung vermittelt, ohne die meditative, kontemplative Atmosphäre als Ort der Marienverehrung zu verlieren. Das Gestühl in Form von Einzelstühlen lässt den Weg für verschiedenartige Begegnungen offen.
Nach etwa 2 Jahren Bauzeit wurde aus Gedanken Wirklichkeit, der Turm des Glockenträgers ist aufgrund seiner Höhenentwicklung und vertikalen Dimension ein Kennzeichen für Waldram. Durch den im Erdgeschoß integrierten Ausstellungsraum mit Exponaten der alten Kirche werden die Erinnerungen an den Beginn der Waldramer Gemeinde stets wach gehalten, als eine Verbindung und Überleitung einer jungen Tradition in die Gegenwart. Wir wünschen der Waldramer Kirchengemeinde eine gesegnete Zukunft.
(Text : Die Architekten Claus + Forster)
Künstlerische Gestaltung
Wenn ein neuer Kirchenraum errichtet wird und dabei architektonische und künstlerische Planung und Gestaltung Hand in Hand gehen, kann man von einem Idealfall sprechen, einem Idealfall für die Ausführenden als auch für die Gemeinde. Beim Betrachten und Erleben des Innenraumes der neuen Waldramer Pfarrkirche ist die gelungene Kooperation der Architekten Claus und Forster und des Künstlers Robert M. Weber unmittelbar zu spüren.
Die künstlerischen Elemente fügen sich zu einem homogenen Ganzen, erweitern, ergänzen und durchbrechen den strengen architektonischen Raum, stehen auch in Kontrast zu demselben, ohne jedoch ihren individuellen Charakter und ihre Eigenständigkeit zu verlieren und verstärken somit den meditativen Gesamteindruck des Innenraumes.
Bedeutsam in diesem Zusammenhang erscheint das Prinzip der Reduzierung, das in allen künstlerischen Elementen realisiert worden ist. Durch die Reduzierung von Form und Material hat Weber eine eigene, klare und vor allem expressive Formensprache entwickelt, die sowohl im Detail als auch im Ganzen ihren Ausdruck findet und thematische Inhalte deutlich vermittelt. Dies gilt auch für die gesamte liturgische Ausstattung, wie etwa Altar, Ambo, Sedilien, Tabernakel, Taufort, Apostelleuchter und Vortragekreuz. Ausschließlich an dieser Stelle, in der Mitte des Versammlungsortes, taucht figürliche Darstellung in Form von Christus am Kreuz auf.
Weber verwendet hierbei vor allem Edelstahl als tragendes Element in Kombination mit Schiefer, Holz oder Glas. Ebenso wie die Altarinsel ein Segment des auf die Mitte ausgerichteten Kreiskonzeptes darstellt und sich in den ellipsenförmig angeordneten Bänken fortsetzt, wiederholt sich das Kreissegment in dem leicht gebogenen Altar, den Sedilien und findet schließlich ihren Abschluß in der halbkreisförmigen Apsis mit einem schlichten und fragilen Kreuzsymbol.
Dein Grundsatz der Beschränkung und gleichzeitigen Betonung auf das Wesentliche entspricht auch die Gestaltung der dreiteiligen Chorwand, die in die Architektur eingebunden, sich gleichsam von ihr löst und mit eigenem erfüllt und den Betrachter aus dem geschlossenen Raum in eine andere Ebene führt.
In ihrem Zentrum befindet sich die freistehende Apsis, ein einteiliges Betonrelief, das in Ton negativ modelliert mild direkt ohne Zwischenstufen abgegossen wurde. Ihre spürbar geschlossene und natürlich anmutende Einheit bildet einen starken Kontrast zu dem geometrischen und betont gegliederten Ziegelmauerwerk.
Die Apsis ist an die Stelle des Altarbildes getreten, und die bewußte Abkehr von dem strengen ikonographischen Programm, ihre natürlichen Formen und Strukturen, ihre klare Abstraktion, ihr Wechselspiel von Licht und Schatten, ermöglichen es dem Betrachter, sich mit seinen Gedanken auf eine Wanderung zu begeben, vom Raume zu lösen und gleichsam in die Höhe zu steigen. Assoziationen von Natur und Landschaft, der Schöpfung in ihrer Gesamtheit werden frei, wie auch Erinnerungen an Fels und Stein als Symbole der Beständigkeit, Stärke und Zuflucht geweckt.
Die Chorwand wird zu beiden Seiten von hohen, schmalen, vierteiligen Schlitzfenstern abgeschlossen, die beidseitig, auf zwei Ebenen in der Technik der Floatglasmalerei ausgeführt sind.
Das linke Fenster, das in direktem Bezug zum Tabernakel steht, ist ganz in Gelb gehalten und mit roten und goldenen Spuren versetzt. Webers freie Formensprache findet auch hier ihren Ausdruck. Die warme, strahlende Farbigkeit weckt Assoziationen von Sonne, Leben und Licht, zitiert, verzichtet aber bewußt auf einschränkende Vorgaben.
Das Pendant zu diesem Farbband ist in Blau ausgeführt und steht in direkter Verbindung zum Taufort. Auch hier finden sich Zitate: Das Wasser als Quell des Lebens, als Symbol der Erneuerung, Reinigung und stetigen Veränderung, das den freien Gedankenfloß ermöglicht.
Die schwebende, vertikale Öffnung der Apsis, die von Raum und Zeit losgelöst, skizzenhaft Ideen beschreibt, findet ihr Gegenstück in dem Boot, das die Ostwand der Kirche durchbrochen hat.
Im Gegensatz zur Apsis ist das aus einem Stamm gehauene Boot konkret, seine Form ist klar und greifbar, es liegt auf festem Grund und kann als Symbol für die Gemeinde verstanden werden.
Das Boot ist gleichzeitig auch als Vehikel und Ort für die Gemeinde und ihre Lebensäußerungen während des Ablaufs des Kirchenjahres konzipiert.
Der Charakter der Werkstagskapelle, in der auch die Strahlenkranzmadonna aus der alten Kirche zur Aufstellung kam, ist intimer als der der Hauptkirche.
Dies gilt sowohl für die liturgische Ausstattung, die im Raum frei bewegt werden kann, als auch für die Bildwerke. In die Westwand sind vierzehn Glastafeln in zwei Reihen übereinander eingelassen. Sie beschreiben die Kreuzwegstationen Christi. Diese Fenster wurden auf überarbeitetem Echtantik-Überfangsglas ausgeführt, das gestrahlt, geätzt und übermalt wurde. Als Grundlage diente ein strenger graphischer Entwurf. Das Ergebnis ist ein dichter Bildraum, der von figürlicher und abstrakter Darstellung überlagert ist und dessen Farbintensität den thematischen Inhalt der einzelnen Stationen individuell reflektiert. Graphisches und farbliches Element stehen in unmittelbarem Zusammenhang und ihr Zusammenspiel ergibt die starke Bildwirkung jeder einzelnen Tafel und schafft gleichzeitig einen homogenen Gesamteindruck.
(Text: Dr. Kathrin Dube, Fotos: Robert M. Weber u.a.)
Literatur